Es war
minimal, an einem Donnerstag. Es musste zum Einkaufen über den Rhein gefahren werden. Dafür nahm ich das Auto. 15 Kilometer bis zum Einkaufszentrum. Schnell erledigt. Vor dem Supermarkt oder sagt man Discounter? Da fiel mir ein Mensch mit zwei Hunden auf. Wir hatten lange auch einen Begleiter auf vier Pfoten, ja man kann sagen, sie war unser mentaler Führer. Leider haben die echten nur eine von der Natur gegebene begrenzte Haltbarkeit. Im Laden war erneut die Hölle los. Wo kommen diese Menschen, Mengen und das Geld zum Einkaufen nur her? Nach einer guten dreiviertel Stunde war die Kasse hinter mir und ich konnte die Verkaufsstelle wieder verlassen.
Beim Ausgang
auf dem Weg zum Auto war der Mensch mit den Hunden immer noch da. Es machte einen nervöseren Eindruck als am Beginn unserer zufälligen Begegnung. Auch die Tiere wirkten jetzt unruhiger. Bei meinem Näherkommen wirkten sie zutraulich und schauten mich freundlich an. Sind das deine Hunde? Das eine ist doch ein belgischer Schäferhund, wenn ich mich nicht täusche, das andere ein Terrier, oder? Ja, ein irischer Terrier! Braucht ihr vielleicht Hilfe? Na ja, es sind eigentlich nicht meine Tiere. Habe nur einem Nachbarn einen Gefallen getan. Die mussten wahrscheinlich mal müssen. Ja, auch, aber noch blöder ist, ich warte ja schon fast eine Stunde hier und hab keine Zeit mehr. Hab andere Termine. Die Hunde sollten hier am Treffpunkt abgeholt werden. Kannst du nicht bei denen anrufen? Nee, ich kenne die gar nicht. Irgendwelche Leute aus Freiburg, keine Ahnung. Und dein Nachbar? Erreiche ich dummerweise auch nicht. Ok, wo müssen die beiden denn hin? Holt einen Zettel aus der Tasche. Lese Porte Dauphine, und eine Mobilnummer, mehr nicht. Wo ist das? Paris! Und nur diese Telefonnummer? Ja. An die Nummer ungefähr eine Stunde vor Ankunft über Signal „Flight was canceled“ senden. Oooh ha. Überlege kurz und sage, morgen wollten wir paar Tage inn Urlaub fahren. Denke, wir übernehmen das. Echt jetzt? Kein Scheiß? Du, ihr bringt die Hunde zu dem Treffpunkt in Paris? Ja, die sind doch voll pflegeleicht, dafür hab’ ich einen Blick. Sag deinen Leuten alles ok. Denke, Samstag wird es werden. Kein Problem. Willst du Geld dafür, Benzinkosten? Nee, das passt schon. Kein Thema. Heut Nacht bleiben sie bei uns in der Wohnung, und am Freitag in der Früh fahren wir los. Vielen Dank. Ich kann mich doch darauf verlassen? Kannst du. Wirst du sehen. Na dann, vielen Dank und gute Reise.
Sag haben
wir jetzt gleich zwei Hunde? Im Ernst? Nicht wirklich, nur für heute Nacht. Und dann? Wir bringen sie nach Paris. Nach Paris? Ja, morgen früh fahren wir los. Wollten doch ohnehin in den Urlaub fahren. Dachte ich auch, dachte es war Maastricht? Ja, kleiner Umweg, sorry. War eine Notsituation. Notsituation? Ja, erzähle ich dir auf der Fahrt. Und kennst du die Leute in Paris? Nee. Keine Ahnung. Hab nur ne Mobilnummer. Na dann hoffe ich, das wird klappen. Wird schon. Und wo hast du die beiden überhaupt her? Da war jemand beim Liddel in Breisach. Name? Keine Ahnung. Die Hunde wirkten so vertraulich und ich musste an unseren denken. Freitag in der Früh machten wir uns auf den Weg in die französische Hauptstadt. Von unterwegs schickten wir die Message „Flight was canceled“ über Signal an die besagte Mobilnummer. Die nächsten hundert Kilometer blieb das Telefon still. Leichte Panik kam auf. Aber dann kicherte das Mobiltelefon. „Will be 10 minutes later“ war auf dem Display zu lesen. Na siehste, wird alles gut. Hoffentlich. Hauptsache, die Hunde kommen zu ihrem Besitzer. Wir waren zeitig am Treffpunkt Metrostation Porte Dauphine eingetroffen. Nach zwanzig Minuten Warten kamen zwei Menschen mit freudigem Blick direkt auf uns zu. Griffen nach den Hundeleinen. Bevor sie in der Menschenmenge mit den Hunden wieder verschwanden, hörten wir noch die Worte: Muito obrigado camarada. A luta continua! Venceremos! Das war doch portugiesisch? Ja, hörte sich so an. Erinnert mich gleich wieder an unsere Zeit in Olhaho. Eine tolle Sprache und sehr freundliche Menschen, die Portugiesen.
Ohne die Hunde sind wir noch durch das Viertel gelaufen. An einem Kiosk in der Avenue Bugeaud gab es deutsche Zeitungen in der Auslage. Und na klar, auch die mit den vier großen Buchstaben. Neben der Aufmacher-Überschrift lese ich Donnerstag RAF-Fahndung. Mehrere Wohnungen in Freiburg, Breisgau durchsucht. Auch Spürhunde waren im Einsatz. Sag mal, hatte nicht dieser gesuchte Genosse aus Berlin verschiedene Hunde? Ja, stimmt, wo du es sagst.