Es war minimal im letzten Winter. Eine Ampel wurde abgeschaltet. Das gelbe Licht wollte nicht mehr funktionieren, war defekt. Neuwahlen. Selbstverständlich 100 % demokratisch. Sauber. Wir sind doch keine Bananenrepublik. Als Gratisbonus: Brandmauern inklusiv. Noch am sonntäglichen Wahlabend hat der zukünftige Bundeskanzler Friedrich Merz den rechtspopulistischen israelischen Politiker Benjamin Netanjahu nach Deutschland eingeladen. Die Mehrheit im Land hat geschwiegen. Montag am Tag nach der Wahl bekommt das Wahlvolk von der neuen Regierungspartei CDU weder Dank noch Blumen, nur eine Blau-Gelbe-Karte, darauf ist zu lesen: „Die Ukraine muss den Krieg gewinnen!“ In diese Richtung wird es fortan gehen, im Land.
Nur wenige Tage danach. Wirklich niemand hat es für möglich gehalten, dass es in Deutschland einen Staatsstreich geben würde. Aber alle wurden eines Besseren belehrt. Am 14. Merz 2025 hat die abgewählte Bundesregierung aus CSU/CDU, SPD und Grünen im Bundestag ohne jede politische Legitimation für etwas abgestimmt, wofür sie keine parlamentarische (Zwei-Drittel) Mehrheit mehr hatte: die Abschaffung der „Schuldenbremse“, eine entsprechende Grundgesetzänderung und die Bewilligung von einer halben Billion Euro für die „Kriegsertüchtigung“. Die Mehrheit im Land hat geschwiegen.
Wir erinnern uns an die Zeit, als es noch ein Land mitten in Europa mit Namen Jugoslawien gab. Dieses Land finden wir auf keiner aktuellen Landkarte mehr. Niemand wollte sich erinnern. Der erste Krieg in Europa begann erst im Jahr 2022, also ganze dreiundzwanzig Jahre später. Warum? Was war geschehen?
Am 24. März 1999 begann die NATO mit der völkerrechtswidrigen Bombardierung Jugoslawiens, wodurch erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder deutsche Soldaten an einem Krieg beteiligt waren. Als Außenminister und Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland war Joseph Martin „Joschka“ Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) maßgeblich an der deutschen Beteiligung am völkerrechtlich umstrittenen Krieg gegen Jugoslawien beteiligt. Die NATO hat dem in Artikel 2 Abs. 4 der UN-Charta formulierten Gewaltverbot zuwidergehandelt. Und so wurden aus illegalen Bombardierungen legale und freundliche Luftschläge. Aus humanitären Gründen.
Also vergessen wir diese für die deutsche Politik unangenehme Geschichte. Wir machen einfach eine neue Zeitrechnung. Der erste wirkliche, echte Krieg, der unsere Freiheit bedroht, begann am 24. Februar 2022 in der Ukraine, einem Land in Europa. Erinnert uns bitte auch nicht an den Mai 2014 in der ukrainischen Hafenstadt Odessa. Es war doch nur ein unglücklicher Unfall in einem Gewerkschaftshaus mit 42 Toten, weitere 250 wurden verletzt.
Sechsundzwanzig Jahre später wurde in einem Land mit Namen Deutschland aus illegaler Mobilmachung freundliche Kriegsertüchtigung. Aus Pflugscharen wurden wieder Schwerter geschmiedet. Bereits Anfang Merz 2025 stellt der Präsident des Bundesamtes für Katastrophenschutz und Katastrophenhilfe, Ralph Thies fest, dass erstmals seit Ende des Kalten Krieges das Land wieder einer realen Bedrohung ausgesetzt sei. Deutschland muss sich besser auf Bedrohungsszenarien vorbereiten. Die Mehrheit im Land schweigt noch immer.
Und wirklich niemand hat es für möglich gehalten, dass von deutschem Boden jemals wieder ein Krieg ausgehen würde. Am 1. September 2025 genehmigte der amtierende Bundeskanzler Friedrich Merz die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Aus humanitären Gründen.
Als sie uns sagten, wir sollen den letzten Sommer in Frieden genießen, haben wir Witze gemacht. Gedacht, so schlimm wird es nicht werden. Das wird schon gut gehen. Wir haben doch Grün gewählt, damit das nicht passiert.
Es war minimal im Winter 2025. Die Energieversorgung ist in weiten Teilen Deutschlands zusammengebrochen. Heizungen funktionieren nicht mehr. Wasserversorgung ist in weiten Teilen eingeschränkt. Alle öffentlichen Fußballspiele und Sportveranstaltungen sind abgesagt. Alle Supermärkte sind geschlossen. Lebensmittel wurden rationiert. Lebensmittelscheine werden ausgegeben. Der Urlaub fällt im nächsten Jahr aus. Ursula von der Leyen moderiert mit freundlichem Gesicht das staatliche TV-Notprogramm in ganz Europa.
Der Mehrheit in Europa ist das Lachen vergangen. Fast alle wurden eines Besseren belehrt. Hätten wir ihn doch nur genossen, unseren letzten Sommer in Frieden.
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